Wenn die Nacht über die subarktischen Landschaften des Landes der Tausend Seen hereinbricht, im Dämmerlicht der Wälder und Sümpfe, werden die Schleier zwischen unserer Realität und der anderen Welt dünner. In diesen Momenten sickern Geschichten wie „das Märchen, das es nie gab“ in die Texte und die Musik von TENHI ein. Auf ihrem sechsten Album „Valkama“, das unter anderem „Hafen“ oder „Unterschlupf“ bedeutet, begannen die Finnen ursprünglich damit, von einer als Märchen gedachten Reise in ein brennendes, vom Krieg zerstörtes Dorf und der Überfahrt über dunkle Gewässer zu einer Insel der Toten zu erzählen. Die Insel heißt in der finnischen Folklore Verisurma („der Ort für diejenigen, die den Bluttod erlitten haben“) und ist der Ort, an dem diejenigen leben, die im Krieg starben oder mit einer Klinge getötet wurden und an ihrem Ufer für immer Blut vergossen haben. Doch während der zehn Jahre, in denen TENHI an dem Album arbeiteten, begann unsere Realität mit ihren eigenen Schrecken und Kriegen in die andere Welt einzusickern. Jahr für Jahr spürten die Musiker, wie ihre Geschichte immer realer wurde, bis der Punkt erreicht war, an dem die Band beschloss, den Kurs zu ändern. Obwohl Echos des Originalwerks in der endgültigen Musik noch hörbar und im Artwork sichtbar sind, wirkt das Album jetzt harmonischer und tröstlicher, sogar heller. TENHI hätte kaum einen passenderen Bandnamen wählen können. Dieses alte finnische Wort bedeutet eine Person, die ein „Ältester“ oder „Schamane“ ist. Und während die Schamanen der alten nomadischen Finnen die Wächter, aber auch die Vermittler zwischen ihren Gemeinschaften und der Geisterwelt sind, sind TENHI ihr musikalisches Äquivalent als Grenzkraft zwischen Dark Folk, Folk Rock und sogar in die normalerweise elektrifizierte Welt des Metal hinein. Letzteres lädt zu Vergleichen mit WARDRUNA und HEILUNG ein, wenn auch in einer spirituellen Bedeutung und sicherlich nicht im Sinne eines stilistischen Vergleichs. TENHI wurden 1996 von Gitarrist und Sänger Tyko Saarikko gegründet. Ilmari Issakainen trat der Band einige Jahre später bei. Gemeinsam bilden sie den kreativen Kern der Gruppe. Nach der Eigenveröffentlichung des Demos „Kertomuksia“ (1997) und der MCD „Hallavedet“ (1998) trafen die Finnen 1999 mit ihrem Debüt-Album „Kauan“ sofort einen Nerv. Ins neue Jahrtausend starteten TENHI mit einer weiteren MCD namens „Airut:ciwi“ (2000), der eine Reihe von Alben von „Väre“ (2002) über „Maaäet“ (2006) und „Airut:aamujen“ (2006) bis hin zu „Saivo“ (2011) folgten. Mit jedem neuen Album wuchsen die Finnen eine treue Anhängerschaft heran, die aus unterschiedlichen musikalischen Richtungen stammte. Von Anfang an kombinierten TENHI akustische Instrumentierung und einen traditionellen Vibe mit Strukturen, die auf zeitgenössischer Rockmusik basieren. Während ihr vorheriges Album „Saivo“ eher in Richtung Ambient-Stil und Panorama-Soundtrack-Feeling tendierte, kehrt „Valkama“ zu einem eher songorientierten Ansatz zurück – auch wenn die Stücke ein episches und mäanderndes Format beibehalten. „Valkama“ kommt mit der typischen finnischen Sehnsucht und Melancholie daher, aber trotz seiner hörbaren Düsternis bietet TENHI ein musikalisches Ventil für die Schrecken der modernen Welt. In der Dämmerwelt des Nordens ist „Valkama“ der Silberstreifen am Horizont, der Schutz und Frieden verspricht.